Nach den digitalen Gesundheitsanwendungen stehen nun die digitalen Pflegeanwendungen in den Startlöchern. Der Leitfaden zum Verfahren auf dem Weg in die Erstattung ist veröffentlicht, es kann also losgehen mit der Antragsstellung beim BfArM. Für alle die nicht wissen, was DiPAs überhaupt sind und welche aktuellen Herausforderungen auf einen zukommen, möchten wir hier einen ersten, kompakten Überblick geben.
1. Was ist eine DiPA?
Eine digitale Pflegeanwendung (DiPA) ist eine App oder browserbasierte Webanwendung, die von Pflegebedürftigen oder in der Interaktion von Pflegebedürftigen mit Angehörigen, sonstigen ehrenamtlich Pflegenden oder ambulanten Pflegeeinrichtungen genutzt werden kann. Sie eröffnet vielfältige Möglichkeiten mit dem Ziel, Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten des Pflegebedürftigen zu mindern oder einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit entgegenzuwirken.
DiPAs werden im Gegensatz zu den DiGAs nicht durch einen Arzt verordnet, sondern auf Antrag des Pflegebedürftigen oder dessen Bevollmächtigten von der Pflegekasse bewilligt. Dem vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geführten DiPA-Verzeichnis kommt eine große Bedeutung zu. Die Listung in ebendiesem Verzeichnis ist die Voraussetzung für die Erstattung, wobei der Erstattungsbeitrag auf ein Maximum von 50 Euro festgesetzt ist. Dieser gilt über die DiPA hinaus ebenso auf Leistungen für die Inanspruchnahme von ergänzenden Unterstützungsleistungen ambulanter Pflegeeinrichtungen. Ist der Betrag von 50 Euro für die Erstattungsleistungen voll ausgeschöpft, wird die oder der zu Pflegende selbst zur Kasse gebeten. Auch eine zweite DiPA müsste die oder der Betroffene demnach selbst zahlen.
Eine vorläufige Aufnahme in das DiPA-Verzeichnis wie bei den DiGAs wird es nicht geben. Eine DiPA wird immer dauerhaft in das Verzeichnis des BfArM aufgenommen und muss aus diesem Grund bei Antragstellung bereits Studienergebnisse vorlegen.
2. Status Quo
Die Verordnung vom 29. September 2022 zur Prüfung der Erstattungsfähigkeit für digitale Pflegeanwendungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (DiPAV) stellt folgende wesentliche Inhalte im Detail dar:
- eine klare Definition der an digitale Pflegeanwendungen zu stellenden Anforderungen insbesondere hinsichtlich Datenschutzes und Datensicherheit, Funktionstauglichkeit, Qualität & Sicherheit
- verlässliche Vorgaben für den Nachweis des pflegerischen Nutzens
- Näheres zu den Inhalten und Modalitäten der Veröffentlichung eines funktionalen, nutzerfreundlichen und transparenten Verzeichnisses für digitale Pflegeanwendungen
- weitere Regelungen zu den Einzelheiten des Antrags- und Anzeige- sowie Prüfverfahrens beim BfArM, um die Einhaltung der Anforderungen an erstattungsfähige digitale Pflegeanwendungen initial und im Falle wesentlicher Veränderungen der Anwendungen dauerhaft zu gewährleisten. Pflegebedürftige, pflegende Angehörige, sonstige ehrenamtliche Pflegende sowie Kostenträger sollen gleichermaßen bei der Auswahl geeigneter Pflegeanwendungen unterstützt werden
Das BfArM hat Anfang November 2022 eine Vorabversion des Leitfadens zum Antragsverfahren für DiPAs veröffentlicht. Nach einer ersten umfassenden Feedbackschleife ging die Version 1.0 des Leitfadens am 02.12.2022 online, welche in einem dynamischen Prozess sukzessive ergänzt und angepasst werden soll. Im Anhang des Leitfadens finden sich nun auch Hinweise zur Gliederung des Studienprotokolls und Statistischen Analyseplans.
3. Herausforderungen
Voraussetzung für eine Erstattungsfähigkeit ist unter anderem, dass die DiPA das Prüfverfahren des BfArM erfolgreich durchlaufen hat. Um Planungssicherheit für die Hersteller gewährleisten zu können, ist eine klare Formulierung der Anforderungen und eine rechtsverbindliche Beratung durch das BfArM erforderlich, da sonst Studien durchgeführt werden, die Gefahr laufen im Bewertungsprozess durch das BfArM abgelehnt zu werden.
Der DiPA-Leitfaden des BfArM führt verschiedene Studientypen an, mit denen der pflegerische Nutzen grundsätzlich pragmatisch nachweisbar ist, beispielsweise beobachtende, vergleichende Studien oder prospektive, kontrollierte, randomisierte Studien. Zugleich werden die kritischen Punkte diverser Studientypen aufgeführt, wonach deutlich wird, dass bestimmte Studientypen in der Bewertung durch das BfArM anfällig für Kritik sind. Zum Beispiel ist eine einarmige Studie (ohne Kontrollgruppe) grundsätzlich nur dann geeignet, wenn ein aussagekräftiger historischer Vergleich oder ein intraindividueller („Prä- /Post-“) Vergleich möglich ist. Unsere Aufgabe von CAREM ist es, im Zuge der Studiendurchführung für den Nachweis des pflegerischen Nutzens die Hersteller professionell zu beraten und zu unterstützen sowie im stetigen Austausch mit allen Akteuren sinnstiftend am DiPA-Verzeichnis mitzuwirken.
4. Fazit
Durch die Einführung der DiPAs besteht die Chance, rund 4 Mio. häuslich versorgten Pflegebedürftigen eine bessere Versorgung zu ermöglichen. Mit Spannung erwarten wir die weiteren Geschehnisse rund um das DiPA-Verzeichnis des BfArM.
Literatur
Bundesamt für Justiz. § 40a Digitale Pflegeanwendungen.
https://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/Aufgaben/DiGA-und-DiPA/DiPA/_node.html